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Logopädie bei Dysphagie (Schluckstörung)

Gelangen Flüssigkeiten, Nahrung oder Speichel nicht wie gewöhnlich in den Magen, sondern werden in die Atemwege transportiert, kommt es zu einer Aspiration. Das Schlucken wird dann nicht optimal vollzogen und gilt deshalb als gestört. Komplikationen ergeben sich dann, wenn in Folge einer Dysphagie eine Aspirationspneumonie auftritt. Dabei handelt es sich um eine Entzündung der Lunge, nachdem diese durch Nahrung/Speichel oder Ähnliches beschädigt worden ist.
Nach einer Erkrankung im Bereich des Zentralnervensystems kann als Folge eine stille Aspiration eintreten. In diesem Fall sind Mund-, Rachen und Kehlkopf desensibilisiert, wodurch sie ihre Funktionen nicht optimal erfüllen und Fremdkörper eindringen können, die normalerweise durch Husten o. Ä. vom Passieren abgehalten werden. Die Schutzfunktion dieser Organe und Mechanismen ist bei der Dysphagie beeinträchtigt.

Folgende Ursachen können vorliegen:

  • Hohes Alter
  • Beschädigung des peripheren oder zentralen Nervensystems
  • Konsequenz einer Tumorentfernung im vorderen Halsbereich, an Kopf oder Speiseröhre
  • Psychische Ursachen
  • LKG-Spalten
  • Vergrößerte Mandeln
  • Missbildungssyndrom

Was bedeutete das?

Als Schluckstörung bezeichnet man eine Beeinträchtigung des Nahrungstransportes im Mund und des eigentlichen Schluckens. Sie entsteht durch organische Veränderungen im Mund- und/oder Halsbereich oder durch neurologische Störungen sprich durch Veränderungen im Gehirn.

Es kommt hierdurch z. B. zu Bewegungsstörungen der schluckrelevanten Muskelgruppen, zu Störungen des Schluckreflexes oder zu Wahrnehmungsstörungen im Mundraum. Häufig kommt es zu einem deutlichen – zum Teil auch unbemerkten – „Verschlucken“ (Aspiration). Die Schluckstörung tritt häufig nicht isoliert, sondern in Kombination mit einer Aphasie und/oder Dysarthrophonie auf. Sie kann auch ein Symptom einer neurologischen Grunderkrankung (z. B. Morbus Parkinson oder ALS) sein. Dann entwickeln sich die Symptome häufig langsam.

 

Die häufigsten Ursachen sind:

  • Schlaganfall (Apoplex) – 25 bis 32 % der Schalaganfallpatienten leiden an einer Dysphagie
  • Hirnblutung (hämorrhagischer Insult)
  • Neurologische Erkrankungen wie Morbus Parkinson, Amyotrophe Lateralsklerose (ALS)
  • Degenerative Erkrankungen wie Demenz, Morbus Alzheimer
  • Organische Veränderungen im Mund-, Rachen- und Kehlkopfbereich (z. B. Tumore)
  • Operationen im Kopf- und/oder Halsbereich
  • Fazialisparese (Gesichtslähmungen)
  • Hypoglossusparesen (Zungenlähmungen)
  • Wahrnehmungsstörungen (taktile Störung) im Mundraum
  • Schädel-Hirn-Trauma
  • Hirntumore, Hirnoperationen
  • Entzündliche Hirnerkrankungen (z. B. Enzepahlitis)
  • Reflux
  • Altersbedingt – 40 % der Patienten in Alten- und Pflegeheimen haben eine Dysphagie

Bei Symptomen sollte sofort eine ärztliche Abklärung erfolgen: Eine Dysphagie auch in leichter Form erfordert eine interdisziplinäre und schnelle Abklärung. Bei Symptomen sollte sofort der Arzt aufgesucht werden! Es gibt direkte und indirekte Hinweise auf eine Schluckstörung:

Direkte Hinweise:

  • Häufiges Husten bei Nahrungsaufnahme
  • Häufiges Husten unmittelbar nach Nahrungsaufnahme
  • Häufiges Verschlucken!
  • Länger andauernde Nahrungsaufnahme
  • Schmerzen beim Schlucken
  • Schwierigkeiten bei der Aufnahme verschiedener Nahrungsmittelkonsistenzen
  • Häufig verbleibende Nahrungsreste am Gaumen oder in der Mundhöhle
  • Häufiges Würgen und/oder Übergeben bei der Nahrungsaufnahme
  • Rückfluss von Speisen in die Nase oder den Mundraum

Indirekte Hinweise:

  • Deutliche Gewichtsabnahme
  • Häufiges unklares Fieber
  • Wiederkehrende bronchiale Infekte/Fieberschübe
  • Lungenentzündung (Aspirationspneumonie)
  • Heisere, „gurgelnde“ Stimme während oder nach der Nahrungsaufnahme
  • Verstärkte Verschleimung
  • Deutliche Veränderung der Stimme, des Sprechens und der Sprache als Hinweis auf eine Sprach- oder Sprechstörung (Aphasie, Dysarthrophonie)
  • Fremdkörpergefühl im Hals (Globusgefühl)
  • Vermehrtes Aufstoßen/Sodbrennen (Reflux)

Nicht behandelte Schluckstörungen können lebensbedrohliche Folgen haben!

Zu den Folgen zählen unter anderem:

  • Erhebliche Mangelernährung
  • Starker Gewichtsverlust
  • Flüssigkeitsmangel
  • Immunschwächung
  • Fieber
  • (wiederkehrende) Bronchitis
  • Lungenentzündungen (Aspirationspneumonie)
  • Ersticken

Achtung: Beim Verschlucken von Nahrung kann akute Erstickungsgefahr bestehen! Flüssigkeiten und Nahrungspartikel können ungehindert in die Lunge gelangen. Hierdurch kann es auch zu Lungenentzündungen (=Aspirationspneumonie) kommen. Eventuell ist eine Sondenernährung erforderlich! Je nach Ausprägung und Verlauf der Störung, kann die notwendige Nahrungs- und/oder Flüssigkeitsmenge nicht oder nicht ausreichend über den Mund und durch den „normalen“ Schluckvorgang aufgenommen werden. In diesen Fällen ist eine Sondenernährung erforderlich. Diese kann je nach Ursache und Verlauf der Grunderkrankung auch wieder reduziert oder aber auch wieder überflüssig gemacht werden. Diese Entscheidung ist stark von der individuellen Störung und dem Verlauf abhängig. Sie erfolgt im interdisziplinärem Austausch.

Was geschieht in der Therapie?

Untersuchung: Zunächst erfolgt ein ausführliches Erstgespräch (Anamnese) mit dem Patienten und den Angehörigen. Hierbei werden gezielt die Symptome, die Essgewohnheiten, die Vorerkrankungen und der aktuelle Krankheitsverlauf erfragt. Danach erfolgt die Befunderhebung. Diese ist abhängig von den ärztlichen Untersuchungsergebnissen. Es werden die Atmung, das Husten, die Haltung, das Kauen, Abbeißen und gegebenenfalls das Schlucken von verschiedenen Nahrungsmittelkonsistenzen überprüft. Zu einer genauen Befunderhebung bei einer Dysphagie ist ein interdisziplinärer Austausch erforderlich. Insbesondere phoniatrische/HNO-ärztliche Untersuchungen sowie radiologische Untersuchungen sind vor der logopädischen Untersuchung erforderlich. Je exakter die Diagnostik, desto besser ist die Therapieplanung möglich.

Therapie: Aus der Vielzahl der therapeutischen Ansätze wird nach einer sorgfältigen interdisziplinären Diagnostik ein individuelles Behandlungsprogramm erstellt. Hierbei gibt es drei wesentliche Schwerpunkte: Es werden Verfahren zur vollständigen oder partiellen Wiederherstellung des Schluckablaufes (restituierende Verfahren) verwendet. Außerdem werden Strategien und Kompensationsmöglichkeiten trainiert, um Störungen auszugleichen (kompensatorische Maßnahmen). Auch externe Hilfen im Sinne einer Anpassung von Außen werden eingesetzt (adaptierende Verfahren) – hierzu zählen z. B. geeignete Ess- und Trinkhilfen oder Einschränkungen der Nahrungsmittel und Nahrungskonsistenzen. Die neuen Schluckmechanismen werden dann mit der entsprechenden Transferanleitung Schritt für Schritt in den Alltag übertragen. Die Bereiche Atmung und Haltung stellen ebenfalls einen wichtigen Bestandteil der Therapie dar. Auch das optimale Husten als Schutzfunktion wird trainiert.

Beratung: Die Beratung beinhaltet die Aufklärung über Ursachen, Auswirkungen und die Ziele der Therapie. Es werden gezielte Hilfestellungen für den Umgang mit der Störung im Alltag gegeben. Gerade bei Schluckstörungen ist die genaue Erarbeitung und Erläuterung eines Ernährungsplanes erforderlich. Außerdem muss der/die Patient/in über den Schluckablauf genau informiert sein. Es wird festgelegt, ob und was geschluckt werden darf. Es erfolgt eine kontinuierlich Anpassung an den aktuellen Therapieverlauf. Die Angehörigen, das Pflegepersonal und weitere beteiligten Personen des sozialen Umfeldes werden intensiv beraten und angeleitet.

Ziel: Die Ziele sind stark abhängig von der Erkrankung, dem Schweregrad und dem Verlauf der Störung. Der Patient soll wieder zu einer Nahrungsaufnahme durch den Mund (=oral) befähigt werden. Er soll hier die größtmögliche Selbständigkeit im Alltag erlangen. Die Schluckbewegungen sollen wieder aufgebaut und verbessert, erhaltene Funktionen optimiert und fehlerhafte Bewegungsabläufe abgebaut werden. Je nach Ausprägung müssen mit dem Patienten auch Ess- und Trinkhilfen sowie diätische Maßnahmen erarbeitet werden. Sollte eine Sondenernährung erfolgen, so wird durch die Therapie versucht, diese zu reduzieren und abzubauen. Diese Entscheidung ist aber stark von dem einzelnen Störungsbild und der Grunderkrankung abhängig. Eine Schluckstörung kann häufig nicht „geheilt“ werden, durch die logopädische Therapie kann aber eine Verbesserung und ein besserer Umgang mit der Störung erzielt werden.

Interdisziplinärer Austausch: Die Zusammenarbeit und der fachliche Austausch mit Ärzten, Ergotherapeuten, Physiotherapeuten und Psychologen ist ein notwendiger und wichtiger Bestandteil der Therapie. Die exakte Diagnose und Verlaufskontrolle sind nur im phoniatrisch-radiologisch-logopädischen Team möglich. Nur hierdurch kann eine Entscheidung über die Form der Nahrungsaufnahme und die eventuelle Notwendigkeit einer Sondenernährung getroffen werden.


Die Therapiebereiche im Überblick:

Die Haltung: Die richtige Haltung verbessert in vielen Fällen die Schluckfähigkeit. Die Nahrungsaufnahme sollte nur in aufrechter, leicht nach vorne gebeugter Haltung erfolgen. Es darf niemals im Liegen gegessen werden!

Die Atmung: Auch eine verbesserte Atmung erleichtert den Schluckakt. Es wird eine kombinierte Brust- und Bauchatmung erarbeitete und die Nasenatmung gefördert. Denn diese verbessert die Koordination von Atmung und Schlucken und ermöglicht ein kräftigeres und effektiveres Husten.

Das Husten: Husten ist ein wichtiger Schutzmechanismus und kann das Verschlucken (Aspiration) verhindern. Ein ausreichender Hustenstoß muss vorhanden sein, bevor die eigentliche Schlucktherapie durchgeführt werden kann. Ist dieser nicht vorhanden muss dieser er erst mit Kraft-, Atem- und Stimmübungen erarbeitet werden.

Ess- und Trinktrianing: Der Patient wird schrittweise an die Nahrungsaufnahme herangeführt. Auch die Aufnahme verschiedener Nahrungsmittelkonsistenzen wird erst langsam verändert- meist wird mit breiiger Nahrung begonnen. Flüssigkeiten sind am schwierigsten zu schlucken. Das Schlucken wird kleinschrittig angeleitet- häufig gelingen zu Beginn nur wenige Schlucke bevor die Muskulatur wieder ermüdet. Die Nahrungsmenge wird schrittweise gesteigert. Der Patient muss den Kopf vorbeugen, einen kleinen Biss nehmen, kräftig kauen, schlucken und noch einmal „nachschlucken“. Dann wird einige Atemzüge gewartete und der Stimmklang kontrolliert bevor ein erneuter Biss genommen werden kann.

Transferkontrolle: Das verbesserte Schlucken wird Schritt für Schritt in den Alltag übertragen. So erfolgt im Laufe der Therapie auch eine Essenbegleitung wie z.B. ein Training beim Frühstück oder Mittagessen. Die Hilfestellungen werden hierbei nach und nach reduziert.


Die Therapieverfahren im Überblick:

Restituierende Verfahren: Ziel ist hier die Verbesserung der eigentlichen Schluckbewegungen und Schluckabläufe. Es soll eine Wiederherstellung des „normalen“ Schluckens erfolgen. Durch passive und aktive Methoden wird die Muskulatur gekräftigt, aktiviert, die Wahrnehmung im Mundraum verbessert und die Bewegungsmuster wieder angebahnt und geübt. Man arbeitet hier mit Dehnungen, Druck, Vibration, Kälte- und Wärmereizen und wiederholenden Bewegungen.

Kompensatorische Verfahren: Es werden Strategien und Hilfen erarbeitete, die während des Essens eingesetzt werden, um das Schlucken zu unterstützen. Es wird hier z. B. die Haltung verändert, die Kopfposition angepasst, die Nahrung auf der Zunge positioniert und auf die richtige Atmung geachtet.

Adaptierende Verfahren: So werden externe Hilfen bezeichnet, die als Anpassung von Außen angewendet werden. Die Gegebenheiten werden der reduzierten Schluckfähigkeit angepasst. Es wird z. B. die Nahrungskonsistenz angepasst, so dass z. B. nur breiige Kost verabreicht wird und Flüssigkeiten vermieden werden. Auch Ess- und Trinkhilfen, wie Schiebelöffel oder Becher mit besonderem Trinkaufsatz, zählen zu diesen Hilfen.


Folgende Störungen können beim Schlucken auftreten:

Der Schluckablauf lässt sich in drei für die Therapie wesentliche Phasen einteilen, hiernach lassen sich auch die Störungen unterscheiden: Es kann zu einer Störung vor, während und/oder nach dem Schlucken kommen (= prädeglutitiv, intradeglutitiv, postdeglutitiv). Folgende Störungen können auftreten:

Störung der Kauphase (orale Vorbereitungsphase) – prädeglutitiv: Es kommt zu Schwierigkeiten vor dem eigentlichen Schluckvorgang innerhalb des Mundraumes. Das Abbeißen, das Kauen und die Bewegung der Zunge können gestört sein. Der Transport der Nahrung kann durch Störungen der Zungenbeweglichkeit eingeschränkt sein. Es kann hierdurch z. B. zum Austritt von Speichel oder Nahrung aus der Mundhöhle kommen. Zum Teil kann es auch zu einem vorzeitigen und somit unkontrolliertem Abgleiten der Speise/der Flüssigkeit in den noch ungeschützten Kehlkopf kommen, bevor der Schluckreflex ausgelöst werden konnte.

Störung der Transportphase im Mundraum (oralen Phase) – praedeglutitiv: Es kommt zu Schwierigkeiten bei dem willkürlichen Transport des bereits zerkleinertem Speisebolus bis zum Zeitpunkt der Auslösung des Schluckreflexes. Die Zungenbeweglichkeit, die Muskelspannung im Mundraum und die Auslösung des Schluckreflexes können hierbei beeinträchtigt sein.

Störung des eigentlichen Schluckens (pharyngealen Phase) – intradeglutitiv: Es kommt zu Schwierigkeiten während des eigentlichen Schluckvorgangs. Der Schluckreflex, die Muskelspannung im Rachen und Kehlkopf, die Schutzmechanismen im Kehlkopf und die damit verbundene Beweglichkeit des Kehlkopfes können stark beeinträchtigt sein. Hierdurch kommt es häufig zu einem Verschlucken und zur Ansammlung von Nahrungsresten im Bereich des Kehlkopfes. Es kommt dann häufig zu einem vermehrten Husten und zu einer „gurgeligen“ Stimme. Es besteht hier akute Aspirationsgefahr (=Verschlucken, Ersticken)!

Störung der Transportphase in der Speiseröhre (ösophagealen Phase) – postdeglutitiv: Es kommt zu Störungen bei dem Transport des Speisebreis von der Speiseröhre in den Magen. Bei Störungen kann es zum Rückfluss von Speisebrei in die Speise- und Luftröhre nach dem eigentlichen Schluckakt kommen. Auch hierdurch ist somit ein Verschlucken möglich. Häufig kommt es hierdurch zu „Sodbrennen“ (= Reflux).

Störung der Vorbereitungsphase vor der eigentlichen Aufnahme der Nahrung in den Mund – antizipatorischen Phase: Da zum Schlucken eine gewisse Bereitschaft vorhanden sein muss, besteht noch eine so-genante „Vorphase“. Sie besteht vor Aufnahme der Nahrung. Das Gehirn bekommt durch Gerüche und Blicke signalisiert, dass gleich Nahrung aufgenommen wird. In diese Phase fällt auch die Bewegung der Nahrung zum Mund hin. Diese vorbereitenden Eindrücke sind wichtig für die Konzentration, Muskelspannung und den Speichelfluss. Es kann durch Störungen des Sehens, des Schmeckens, des Riechens und der Fein- und Grobmotorik zu Schwierigkeiten bei der Nahrungsaufnahme kommen. Das Gehirn bekommt nicht ausreichend signalisiert, dass es gleich das Kommando zum Kauen, zur Speichelproduktion und zum Schlucken geben muss. Der Transport der Nahrung in den Mund kann durch Bewegungseinschränkungen der Arme und der Hände stark beeinträchtig sein, so dass die Nahrung nicht gezielt genug in den Mund geführt werden kann und/oder das Abbeißen erschwert wird. Auf diese Schwierigkeiten muss im Rahmen der Schlucktherapie zusätzlich eingegangen werden.


Die Gefahr des Verschluckens – Aspiration!

Das gefährlichste Symptom ist die sogenannte Aspiration: das Verschlucken. Bei einem vorhandenen Hustenreflex wird dieser durch das Verschlucken ausgelöst. Bei fehlendem oder vermindertem Schluckreflex kommt es zu einer stillen Aspiration. Diese wird zunächst von dem Patienten und seinem Umfeld nicht bemerkt – hier besteht eine besondere Gefahr. Die Aspiration kann vor, nach oder während dem eigentlichen Schlucken erfolgen. Die Patienten müssen daher nach Nahrungsaufnahme unbedingt noch mindestens 20 Minuten aufrecht sitzen! Es kann durch die Aspiration zu Lungenentzündung (= Aspirationspneumonie) oder auch zum Ersticken kommen! Bei Flüssigkeitsaufnahme ist das Risiko des Verschluckens häufig erhöht. 6 % der Patienten mit erlittenen Hirnläsionen versterben innerhalb eines Jahres an einer Aspirationspneumonie (= Lungenentzündung durch Verschlucken). Der Schweregrad des Verschluckens ist von mehreren Faktoren abhängig. Es ist hierbei besonders entscheidend, ob der Hustenreflex ausgelöst werden kann, ein bewusstes und kräftiges Abhusten möglich ist und welche Menge an Nahrung verschluckt wird.

Was tun beim Verschlucken?

Der Betroffene und seine „Helfer“ sollten das kräftige Husten immer wieder „trocken“ üben, damit dies im Ernstfall möglich ist. Proben Sie den Ernstfall, damit Sie dann sicherer reagieren und Ruhe bewahren können. Versuchen Sie folgende Hilfestellung schon vor der Akutsituation zu verinnerlichen:

  • Beim Verschlucken muss unbedingt Ruhe bewahrt werden!
  • Es sollte so kräftig wie möglich gehustet werden!
  • Versuchen Sie kräftig auszuatmen beim Husten!
  • Der Kopf muss weit nach vorne in Richtung der Brust gebeugt werden!
  • Der Brustbereich – und nicht der Rücken – sollten kräftig von unten nach oben abgeklopft werden!
  • Klopfen Sie als Angehöriger/Helfer niemals auf den Rücken und heben Sie nicht die Arme des Patienten hoch! Die Nahrung rutscht sonst nur tiefer in die Lungen!
  • Im Notfall muss, wenn möglich, abgesaugt werden!

Schluckregeln/Schluckhilfen für den Betroffenen und die Angehörigen:

Eine Schluckstörung ist nicht nur eine schwere gesundheitliche Störung. Sie bedeutete auch eine deutliche Minderung der Lebensqualität. Die Nahrungsaufnahme dient nicht nur der Sättigung, sondern ist auch Teil des sozialen Lebens. Bei einer Dysphagie muss der Betroffene und seine Angehörigen viele Gewohnheiten umstellen. Es muss auf die Art der Nahrung genau geachtete werden und der Patient muss sich stark auf das Schlucken konzentrieren. In welcher Weise die Nahrungsaufnahme verändert werden muss, ist abhängig von der schwere der Symptomatik. In der Therapie werden der Betroffene, die Angehörigen und weitere beteiligte Personen gezielt beraten und unterstütz. Die folgenden Punkte können Ihnen bereits erste Hilfen bieten:

Was Sie als Angehörige beachten können:

  • Schaffen Sie ruhige Esssituationen!
  • Achten Sie auf eine aufrechte Sitz- und Kopfhaltung!
  • Reichen Sie nie im Liegen Essen an!
  • Lassen Sie dem Patienten Zeit beim Essen.
  • Sprechen Sie während des Essens nicht übermäßig, fangen Sie nicht an zu plaudern. Der Patient muss sich gezielt auf das Essen konzentrieren können.
  • Stellen Sie nur Fragen, wenn der Biss vollständig geschluckt und der Mund leer ist.
  • Animieren Sie den Betroffenem zu einem kräftigen Schlucken!
  • Animieren Sie den Betroffenem zu einem gründlichen Kauen!
  • Achten Sie darauf, dass der Betroffene nicht zu hastig isst und nur kleine Bisse in den Mund nimmt!
  • Der Mund muss leer sein, bevor eine neue Portion eingenommen werden kann!
  • Lassen Sie ihn nicht gleichzeitig Essen und Trinken!
  • Bieten Sie nur Speisen und Getränke an, die gut geschluckt werden können.
  • Dicken Sie Flüssigkeiten gegebenenfalls an!
  • Meiden Sie krümelnde Konsistenzen wie Nüsse, Körner, Zwieback oder ähnliches!
  • Animieren Sie zu einem kräftigen Husten!
  • Klopfen Sie beim Verschlucken/Husten nicht auf den Rücken. Lassen Sie auch nicht die Arme hoch nehmen. Die Nahrung rutscht dann nur tiefer in die Luftröhre!
  • Lassen Sie den Patienten nach dem Essen mindestens 20 Minuten aufrecht sitzen!
  • Hören Sie nach dem Essen auf die Stimme des Betroffenen – wenn sie sich gurgelnd und belegt anhört, animieren Sie den Patienten noch einmal kräftig zu Husten und zu Schlucken. Es könnten sich Nahrungsreste im Kehlkopfbereich befinden!
  • Lassen Sie den Patienten nach dem eigentlichen Schlucken noch mehrmals „leer“ nachschlucken, sprich Speichel schlucken. Es könnten sich noch Reste in der Mundhöhle, dem Kehlkopf und der Speiseröhre befinden!
  • Kontrollieren Sie gegebenenfalls, ob sich noch Nahrungsreste im Mundraum befinden!
  • Sollte der Patient Schwierigkeiten haben, seine Tabletten einzunehmen, sprechen Sie mit dem behandelnden Arzt, ob diese eventuell zerkleinert werden dürfen.

Was Sie als Betroffener tun können:

  • Essen Sie nur in Ruhe und nicht „nebenbei“!
  • Nehmen Sie sich Zeit zum Essen!
  • Achten Sie auf eine aufrechte Sitzhaltung!
  • Beugen Sie den Kopf beim Schlucken leicht nach vorne!
  • Sprechen Sie während des Essens nicht!
  • Kauen Sie gründlich!
  • Nehmen Sie nur kleine Bisse/Schlucke in den Mund!
  • Essen Sie nicht hastig!
  • Schlucken Sie kräftig!
  • Machen Sie nach jedem Schluck eine kurze Pause!
  • Der Mund muss völlig leer sein, bevor eine neue Portion eingenommen werden kann.
  • Schließen Sie, wenn möglich, den Mund beim Kauen/Schlucken!
  • Essen und Trinken Sie nicht gleichzeitig!
  • Meiden Sie krümelnde Konsistenzen wie Nüsse, Körner, Zwieback oder ähnliches!
  • Husten Sie nach dem Essen mehrmals und schlucken Sie mehrmals leer nach. So können Sie das Risiko reduzieren, dass sich noch Nahrungsreste im Mund, dem Kehlkopf, der Luftröhre und/oder der Speiseröhre befinden.
  • Mundpflege ist nach jedem Essen wichtig! Der Mund muss vollständig leer sein nach dem Essen.
  • Wenn Sie husten müssen, versuchen Sie so kräftig wie möglich zu husten!
  • Hören Sie nach dem Essen auf Ihre Stimme – wenn sie sich gurgelnd und belegt anhört, husten Sie kräftig und schlucken Sie noch mehrmals kräftig nach. Es könnten sich noch Nahrungsreste im Kehlkopfbereich befinden.
  • Bleiben Sie nach dem Essen noch mindestens 20 Minuten aufrecht sitzen!

Neben der Dysphagie können weitere Störung parallel auftreten.

Es können Stimm-, Sprech- und Sprachstörungen auftreten. Diese Störungen werden in der Diagnostik ebenfalls erfasst. Je nach schwere der Symptome wird entschieden, welche Störung im Mittelpunkt der logopädischen Therapie steht. Häufig behandelt der Logopäde mehrere Störungen parallel. Meist tritt die Dysphagie in Kombination mit einer Aphasie in Folge eines Schlaganfalles auf. Bei neurologischen und fortschreitenden Erkrankungen (z. B. Morbus Parkinson) geht sie häufig mit einer Dysarthrophonie einher.

Zu diesen Störungen zählen:

  • Aphasie – ausführliche Informationen
  • Sprechapraxie – ausführliche Informationen
  • Dysarthrie/Dysarthrophonie – ausführliche Informationen
  • Fazialisparese (Gesichtslähmung)
  • Es können auch nicht sprachliche Symptome auftreten.
  • Es können weitere gesamtkörperliche Störungen auftreten. Diese werden in der logopädischen Therapie berücksichtigt, aber durch andere Fachrichtungen therapiert.

Zu diesen Störungen zählen:

  • Halbseitenlähmung komplett, inkomplett (= Hemipraese)
  • Halbseitenvernachlässigung (= Neglect)
  • gestörte Handlungsfolgen (= Apraxi/Dyspraxie)
  • Gedächtnisstörung (= Amnesie)
  • Konzentrations- und Aufmerksamkeitsstörungen
  • Wahrnehmungsstörungen
  • gestörte Objekterkennung (= Agnosie)
  • Rechenstörung (= Dyskalkulie)
  • Epilepsie

Sonderformen der „Schluckstörungen“:

Schlucken im Alter: Durch altersbedingte Abbauprozesse kommt es zu einer Verminderung der Muskelkraft und Muskelspannung, auch die Wahrnehmung im Mundraum verschlechtert sich. Die Weiterleitung der Nahrung wird hierdurch verlangsamt, es bleiben häufiger Nahrungsreste in der Mundhöhle, im Rachen- und Kehlkopfbereich zurück. Die Speichelproduktion geht häufig zurück und der Schluckreflex wird häufig verzögert ausgelöst. Auch hierdurch kann es zu den oben beschriebenen Symptomen kommen.

Fütterstörungen: Im Säuglings- und Kleinkindalter kann es durch Schwierigkeiten beim Saugen und Schlucken zu sogenannten Fütterstörungen kommen. Es kann hierbei in seltenen Fällen zur völligen Nahrungsverweigerung kommen. Auch hier kann bereits die logopädische Betreuung helfen.

Myofunktionelle Störungen: Bei der myofunktionellen Störung handelt es sich um eine Störung der am Schlucken beteiligten Muskulatur und eine Störung der Koordination der Schluckmuskulatur. Diese Muskelspannung ist häufig verringert (0hypoton), aber auch manchmal stark verspannt (= hyperton). Durch diese veränderte Muskelspannung kommt es zu Fehlhaltungen der Zunge. Diese stößt dann während des Schluckens häufig an die Zähne oder rutscht zwischen die Zähne. Auch in Ruhe liegt sie dann häufig zwischen oder an den Zähnen. Meist besteht noch zusätzlich ein Lispeln und/oder eine Fehlbildung von <sch, ch>. Die Lippen haben hierbei häufig nicht genug Kraft, um geschlossen zu bleiben. Häufig kommt es auch zu einem übermäßigen Speichelfluss und/oder dem Austritt von Speichel. Diese myofunktionelle Störung ist im Vergleich zur Dysphagie aber ungefährlich. Sie entsteht meist im Kinderalter und wird im Kinder- oder Jugendalter therapiert. Diese Therapie dauert häufig nicht lange. Sie ist aber wichtig, um optimale Bedingungen für die Behandlungen von Artikulationsstörungen zu erzielen und Zahnfehlstellungen vorzubeugen oder diese zu reduzieren. Im Rahmen einer kieferorthopädischen Behandlung erfolgt häufig eine sogenannte „myofunktionelle Therapie“.

Therapiebeginn:

Die logopädische Therapie sollte nach einer plötzlichen Hirnschädigung (wie Schlaganfall), sobald es der Allgemeinzustand des Patienten erlaubt, begonnen werden. Häufig erfolgt sie zunächst intensiv im Rahmen einer stationären Rehabilitationsmaßnahme. Danach erfolgt sie in einer logopädischen Praxis oder zu Hause. Bei fortschreitenden neurologischen Erkrankungen stellen sich Symptome schleichend ein. Es sollte auch hier versucht werden frühzeitig das Schlucken zu trainieren, um die noch erhaltenen Funktionen bewusst zu steuern und zu kräftigen und/oder die Einschränkungen zu kompensieren.

Hausbesuche:

Bei Transport- oder Bewegungsunfähigkeit machen wir gerne Hausbesuche, wenn diese von dem behandelnden Arzt verordnet werden!
Therapieintervalle: Die Therapie erfolgt je nach Verordnung und Ausprägung ein bis dreimal pro Woche 30-60 min.

Therapiedauer:

Die Dauer ist stark abhängig von der Ursache und Ausprägung der Störung. Sie erfordert aber grundsätzlich Geduld. Bei abrupten Hirnschädigungen (z. B. nach Schlaganfall) kann man in den ersten Wochen nach dem Ereignis das Gehirn häufig sehr gut reaktivieren. In diesem Zeitraum kann es auch zu spontanen Rückbildungen kommen. Das erste Jahr nach Schlaganfall ist das wichtigste, um die Sprach-, Sprech- und Schluckregionen im Gehirn neu zu strukturieren. Bei Störungen im Rahmen einer fortschreitenden neurologischen Erkrankung ist meist eine Intervalltherapie mit Unterbrechungen sinnvoll. Hier wird immer wieder Übungs- und Schulungsbedarf bestehen. Eine Schluckstörung kann dann meist nicht behoben werden, es kann aber versucht werden, das Schlucken aufrecht zu erhalten durch diverse Schlucktechniken.

Logopädische Verordnung „Rezept“:

Damit eine Behandlung begonnen werden kann, ist die Ausstellung einer logopädischen Verordnung durch eine entsprechende medizinische Fachrichtung erforderlich (z. B. Hausarzt, Neurologe, HNO-Arzt).

Fragen? Für Fragen stehen wir Ihnen gerne telefonisch zur Verfügung.

ÖFFNUNGSZEITEN

Mo + Di  8:00 Uhr - 18.30 Uhr
Mi - Fr 8:00 - 20:00 Uhr

„Ich berate Sie gerne in einem persönlichen Gespräch.“

Lara Neumann – Logopädie



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LogErgo - Praxis